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Stadtkreis Freiburg - Freiburg

21. Jul 2017 - 11:18 Uhr

Auszeichnung für Sina Leipold - Platz 2 beim Deutschen Studienpreis für ihre Dissertation über globale Unternehmensverantwortung im internationalen Holzhandel

Juniorprofessorin, Sina Leipold.
Foto: privat.
Juniorprofessorin, Sina Leipold.
Foto: privat.

Sina Leipold ist 31 Jahre alt, seit April 2017 Juniorprofessorin für Gesellschaftliche Transformation und Kreislaufwirtschaft – und hat nun beim Deutschen Studienpreis in der Kategorie Sozialwissenschaften Platz zwei belegt. Stephanie Streif hat die Sozialwissenschaftlerin gefragt, warum die Welt Forschungen wie die ihre dringend braucht.

Frau Leipold, erst einmal herzlichen Glückwunsch: Beim Deutschen Studienpreis werden exzellente Forschungsarbeiten ausgezeichnet, die „größte Relevanz für die Gesellschaft haben“. Warum ist Ihre Arbeit für das gesellschaftliche Miteinander so wichtig?

Sina Leipold: Der internationale Rohstoffkonsum wächst. Um dem steigenden Bedarf zu begegnen, werden mehr und mehr Rohstoffe international gehandelt. Das hat Auswirkung auf Umwelt und Gesellschaft weltweit. Neuere Forschung zeigt, dass mehr als 60 Prozent aller negativen Umweltwirkungen mit dem internationalen Handel von Rohstoffen in Verbindung gebracht werden können. Meine Arbeit hilft, zu verstehen, mit welchen Instrumenten man diesem Problem begegnen kann. Ich habe ein neues Instrument untersucht, das sich erstmals im Holzhandel durchsetzte: Unternehmensverantwortung für Umwelt- und Sozialstandards am Herkunftsort des Rohstoffs.

Wie kamen Sie als Sozialwissenschaftlerin auf die Idee, den internationalen Holzhandel zu erforschen?

Während meines sozialwissenschaftlichen Masterstudiums im Freiburger Global Studies Program kam ich zum ersten Mal mit globalen Umweltfragen in Kontakt. Während eines Auslandssemesters in Indien war die Umweltproblematik für mich sehr prägnant sichtbar. In meiner Abschlussarbeit habe ich mich deshalb für ein Umweltthema entschieden und wollte auch danach mehr über globale Umweltthemen lernen. So kam ich nach Wien, wo ich an der Universität für Bodenkultur Agrarpolitik erforschte. Durch Zufall hörte ich dann von der Promotionsstelle in der Forst- und Umweltpolitik hier in Freiburg, kam zurück und begann mit meiner Doktorarbeit zu Umweltregulierung im internationalen Holzhandel.

Warum ausgerechnet der Holzhandel?

Als ich anfing zu promovieren, war der wachsende internationale Holzhandel ein wichtiges Thema in internationalen Foren. Das deshalb, da Unternehmen bis vor einigen Jahren bedrohte Arten wie Palisander in afrikanischen Nationalparks illegal einschlagen und diese dann in Deutschland und anderen Ländern unbehelligt verkaufen konnten. So waren Produktion und Handel mit illegalen Hölzern in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Multi-Millionen-Dollar-Industrie aufgestiegen. Um diesem Missstand zu begegnen, entwickelten die USA, die Europäische Union und Australien Gesetze, die die Abnehmer illegaler Produkte in die Pflicht nehmen: importierende und handelnde Unternehmen in Industrieländern. Diese müssen nun dafür Sorge tragen, dass ihre Produkte wie Möbel oder Musikinstrumente nachweislich aus legalen Quellen stammen. Damit werden zum ersten Mal Unternehmen gesetzlich verpflichtet, Verantwortung gegenüber Produktionsbedingungen von Holz im Ausland zu übernehmen. Tun sie das nicht, drohen Pfändung, Bußgelder oder Gefängnis. Die politische Durchsetzung dieser globalen Unternehmensverantwortung hat viele Beobachter überrascht. Das vor allem im Holzhandel, der bislang offenbar teilweise von einer Geschäftskultur des Wegsehens geprägt war. Ich wollte deshalb herausfinden, wie sich die Idee globaler Unternehmensverantwortung ausgerechnet im Holzhandel durchsetzen konnte und was wir für den Handel mit anderen Rohstoffen daraus lernen können.

Und warum konnte man in den USA, Australien und der Europäischen Union Gesetze durchsetzen?

Meine Dissertation zeigt, dass die Einführung von globaler Unternehmensverantwortung sich im internationalen Holzhandel nur mithilfe eines Fokus auf „legales“ anstatt nachhaltig produziertes Holz durchsetzen ließ. Dieser Fokus ermöglichte einerseits unilaterale Handelsbeschränkungen im Rahmen der gültigen Bestimmungen der Welthandelsorganisation WTO und andererseits die Verschmelzung von umwelt- und industriepolitischen Zielen. Auf der einen Seite hofften Umweltverbände, dass Nachhaltigkeit erzielt werden könne, wenn in einem ersten Schritt Verantwortung für Legalität eingeführt würde. Auf der anderen Seite hofften Industrieverbände, dass ein weltweit legaler Handel zu einem fairen Wettbewerb oder der Verbesserung des eigenen Images führt. Die Verbindung von Industrie- und Umweltzielen hat gleichzeitig Vor- und Nachteile. Einerseits hilft sie, die Idee von globaler Unternehmensverantwortung nun auch in den Mineralien- und Fischhandel zu tragen. Andererseits wird die Umsetzung, zum Beispiel in Deutschland, als zu stark von der Industrie getrieben und damit als wenig wirksam angesehen.

Wie sind Sie praktisch vorgegangen?

Ich habe Interviews mit direkt an der Gesetzgebung Beteiligten geführt, wie Mitarbeitern des amerikanischen FBI, deutschen Parlamentariern oder Experten der Weltbank. Zudem nahm ich an Treffen von Behörden, Unternehmen und Umweltverbänden teil und analysierte politische Dokumente. Diese Daten wertete ich mithilfe des von mir und Georg Winkel entwickelten Discursive Agency Approach aus.

Was genau meint Discursive Agency Approach? Und was daran ist neu?

Viele Sozial- und Politikwissenschaftler versuchen zu verstehen, wie neue Ideen und Instrumente in der Politik entstehen und sich verbreiten. Dabei spielte die Rolle von Einzelpersonen oder Personengruppen bislang eine untergeordnete Rolle. Diese sind oftmals aber entscheidende Treiber bestimmter Ideen. Man denke nur an die amerikanischen Klimawandel-Gegnerinnen und -Gegner. Da ich herausfinden wollte, wie sich globale Unternehmensverantwortung als Idee durchsetzte und warum Unternehmen, die nun eine erhebliche Verantwortung tragen, diese nicht verhinderten, wollte ich meinen Blick auf Personen und Gruppen richten, die diese Idee erfolgreich machten.

Und?

Erfolgreich sind Personen oder Gruppen dann, wenn sie argumentative Strategien anwenden, die die Rolle und Verantwortung bestimmter Gruppen hervorheben. So verhalfen Umweltverbände der Idee von globaler Unternehmensverantwortung zu Erfolg, indem sie die negativen Effekte des internationalen Holzhandels auf die USA bezogen. Sie argumentierten zum Beispiel, dass amerikanisches Holz vor „Dumping“ mit illegalem Holz durch Gesetze zu schützen sei. Mit diesem Argument zogen sie amerikanische Industrieverbände auf ihre Seite, die maßgeblich für die Durchsetzung des Gesetzes waren.

Wie lässt sich das von Ihnen entwickelte Forschungsdesign auf andere Bereiche übertragen?

Mein Ansatz des Discursive Agency Approach ist auf jedes beliebige Thema anwendbar. Die aktuelle Forschung meiner Nachwuchsgruppe wendet den Ansatz zum Beispiel an, um die Durchsetzung des neuen Konzepts einer europäischen Kreislaufwirtschaft zu verstehen. Es zielt darauf ab, Materialien so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf zu halten und Abfall zu verringern. Bisher wurde dieses neue Konzept wenig hinterfragt und seine Verbreitung auf die vielfältigen Lösungsangebote für drängende aktuelle Umwelt- und Ressourcenprobleme zurückgeführt. Das stelle ich in Frage. Ideen verbreiten sich nicht zweckfrei.

Deutscher Studienpreis

Sina Leipolds Doktorarbeit entstand in Zusammenarbeit mit ihren Kolleginnen und KollegenTheresa Frei, Metodi Sotirov, Maike Stelter und Georg Winkel. Der Deutsche Studienpreis wird von der Körber-Stiftung verliehen, zeichnet jährlich die besten deutschen Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aller Fachrichtungen aus und gehört zu den höchstdotierten wissenschaftlichen Nachwuchspreisen in Deutschland.

(Medieninformation: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 21.07.2017)


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